Liebe Sonja, nach deiner Coaching-Ausbildung bei change concepts hast du dich als Coach selbständig gemacht. Wann war das genau und was bietest du genau an? Wer ist deine Zielgruppe? Was macht dich als Coach aus?
Ich habe mich im Mai 2018 selbständig gemacht, nachdem ich 2013 die Coaching-Ausbildung abgeschlossen hatte. Mein Spezialgebiet als Beraterin und Coach ist die Standortbestimmung. Durch meinen Hintergrund als Organisationspsychologin kombiniere ich Diagnostik, Positive Psychologie und systemisches Coaching, um mit meinen Kunden Potenziale aufzudecken und berufliche Veränderungen zu initiieren. Meine Kernzielgruppe sind Fach- und Führungskräfte mit ca. 10–20 Jahren Berufserfahrung. Mich fasziniert dabei vor allem, wie ich mithilfe von diagnostischen Tools, Feedback, Input und z. B. lösungsfokussierten Fragen bei Klienten zu richtigen Aha-Momenten gelangen kann. Daher arbeite ich neben dem Coaching auch gerne im Trainingsbereich, mich begeistert persönliches Wachstum.
Wie lief das so mit der Existenzgründung? Was hat dir geholfen und welchen Herausforderungen hast du gegenüber gestanden?
Mich hat die Idee der Selbständigkeit schon länger gereizt. Gewagt habe ich den Schritt erst, als ich 2018 nach vier Jahren in Australien mit meiner Familie zurück nach Deutschland gezogen bin. Inzwischen wurde ich Mutter von einem kleinen Sohn, und es war schwierig, eine reizvolle Festanstellung in Teilzeit zu bekommen, wenn ich mich „kalt“ aus dem Ausland bewarb. Da dachte ich: „jetzt oder nie!“
Mir hat dieser natürliche Bruch durch den Umzug etc. sehr geholfen und auch die Tatsache, dass ich nach der Zeit in Australien sehr gut englisch spreche. Ein Teil meiner Aufträge ist heute auf englisch. Aber ich denke, noch viel wichtiger war, dass ich mir in Vorbereitung auf die Selbständigkeit viel Zeit genommen habe, mich über meine eigenen Ziele, Persönlichkeitsfaktoren, Motivatoren und Werte bewusst zu werden. Dabei hat mein fachlicher Hintergrund als Personal-Diagnostikerin sicherlich geholfen. Darauf basierend wähle ich immer wieder gezielt Themen aus, die mich begeistern und die meine Stärken widerspiegeln. Es macht unfassbar viel aus, wenn man an Dingen arbeiten darf, die einen begeistern! Ich genieße den Gestaltungsspielraum, den die Selbständigkeit mit sich bringt. Das ist auch toll, wenn man als Eltern seine Zeit freier einteilen möchte.
Sich zudem seiner eigenen Werte bewusst zu werden, ist hilfreich, um auch mal „nein“ zu sagen und Aufträge eben nicht anzunehmen, wenn sie nicht zum eigenen Ziel passen. Das ist mir am Anfang ungemein schwergefallen. Herausfordernd finde ich außerdem Phasen, in denen man viel alleine arbeitet. Ich weiß, dass ich ohne persönlichen Kontakt zu anderen Menschen schnell demotiviert bin, daher arbeite ich öfters in Projekten (z. B. Trainings oder Development-Centern) mit anderen fachlichen Kollegen. Als weitere große Herausforderung sehe ich bei mir das Thema Marketing & Vertrieb. Definitiv keine meiner Stärken, und während andere hier richtig aufgehen, habe ich in Sachen Außendarstellung noch einiges zu tun. Kunden tauchen leider nicht einfach so aus dem Nichts auf …
Kannst du heute von deiner Arbeit im Coaching leben? Zu wie viel Prozent etwa?
Längere Coaching-Prozesse machen in meiner Arbeit bislang einen kleinen Teil aus. Allerdings nutze ich viele der Coaching-Skills in einstündigen Potenzialfeedbacks und auch in Gruppen-Workshops. Mein Ziel ist auch tatsächlich gar nicht, ausschließlich oder überwiegend als Coach zu arbeiten. Ich liebe die Abwechslung und tauche gerne immer wieder in andere Settings ein. In Sachen finanzielle Sicherheit hat mir sehr geholfen, dass ich bislang einen großen Teil meiner Aufträge als Freelancer über andere Firmen generiere.
Planst du, mittel- oder langfristig ganz selbständig zu sein?
Ich plane, langfristig den Anteil eigener Aufträge zu erhöhen und etwas weniger zu freelancen. Ganz aufgeben will ich es aber nicht, da ich den Kontakt zu den Kollegen sehr schätze.
Alles zusammen genommen – würdest du den Schritt der Existenzgründung wieder tun?
Ganz klar JA! Neben den vielen Vorteilen, die ich genieße und die meine Persönlichkeit wunderbar widerspiegeln, ist der Schritt in die Selbständigkeit auch eine der besten Möglichkeiten, sich persönlich weiterzuentwickeln! Damit sage ich aber nicht, dass Selbständigkeit für jeden etwas ist. Auch in der Festanstellung kann man viele spannende Veränderungen gestalten. Hierzu interviewe ich Menschen in meinem Podcast und finde es immer wieder spannend, wie man sein Berufsleben selbst gestalten kann, um zufriedener zu sein.
Zum Abschluss: Welchen Tipp kannst du anderen Menschen geben, die über eine Selbständigkeit als Coach nachdenken?
Ach, da würde mir so vieles einfallen:
- Tausche dich mit erfahreneren Coaching-Kollegen aus, wann immer es geht.
- Aber nimm dir Zeit, dein eigenes Steckenpferd zu finden und vergleiche dich nicht ständig „nach oben“ – keiner der richtig erfolgreichen Coaches ist dies über Nacht geworden (etwas, das mir immer wieder schwerfällt).
- Viele Wege führen nach Rom: vielleicht startest du erstmal in Teilzeit oder nebenbei auch als Freelancer oder als unternehmensinterner Coach oder im Rahmen eines ehrenamtlichen Coaching-Projekts? Es gibt so viele Möglichkeiten, anzufangen.
- Kenne deine eigenen Motivatoren, Stärken, Antreiber und Werte (und dabei kann ich gerne unterstützen ;) )