Interviews mit Absolventen, Teil 11: Julia Augenstein

Dr. Stefanie Gundel

Lie­be Julia, nach dei­ner Coa­ching-Aus­bil­dung bei chan­ge con­cepts hast du dich als Coach selbst­stän­dig gemacht. Wann war das genau und was bie­test du genau an? Wer ist dei­ne Ziel­grup­pe? Was macht dich als Coach aus?

Nach­dem ich mei­nen alten Job nach der Coa­ching-Aus­bil­dung 2013 gekün­digt hat­te, habe ich zunächst noch ein paar Jah­re in einer Per­so­nal­be­ra­tung gear­bei­tet. Dort wur­den damals Coa­ching und Per­so­nal­ent­wick­lung als Pro­duk­te ange­bo­ten. Ich habe gedacht, es ist gut für mich, vor der Selbst­stän­dig­keit als Coach genau zu wis­sen, wie ich Coa­ching auch „ver­kau­fen“ kann. Dort habe ich viel im Umgang mit den so genann­ten „Busi­ness-Kun­den“ gelernt. Im März 2017 habe ich mich dann als Coach selbst­stän­dig gemacht. Ich pro­fi­tie­re zur Zeit davon, dass ich in mei­nem ehe­ma­li­gen Arbeit­ge­ber nun mei­nen ers­ten Auf­trag­ge­ber gefun­den habe. Für ihn bin ich als „Kar­rie­re-Coach“ tätig. Das ist kein rein­ras­si­ges Coa­ching, son­dern eine Mischung aus Coa­ching und Kar­rie­re­be­ra­tung. Ent­we­der, um in einen neu­en Job zu kom­men, sich im Unter­neh­men bes­ser auf­zu­stel­len oder um Per­spek­ti­ven aus­zu­lo­ten. Dane­ben bie­te ich Coa­ching mit sys­te­mi­schen Metho­den und Wing­wa­ve an und arbei­te auch als Trai­ne­rin und Speakerin.

Schließ­lich hat­te ich auch das Glück, als Grün­dungs­coach mit beim „Eltern­gar­ten“ ein­stei­gen zu kön­nen. Wir küm­mern uns deutsch­land­weit um Eltern in der Eltern­zeit mit einem mehr­tei­li­gen Grup­pen­coa­ching. Es geht dar­um, die Eltern­zeit zu nut­zen, um eine Visi­on als Fami­lie und glück­li­che Mutter/Vater zu fin­den, evtl. im Zusam­men­hang mit Berufs­tä­tig­keit oder ande­ren Themen.

Gene­rell geht es mir bei all mei­nen Coa­chings dar­um, mit den Kli­en­ten her­aus­zu­fin­den „Wie ent­fal­te ich mein vol­les Sein oder Poten­zi­al, mein Talent, mei­ne Kraft?“ getreu dem Mot­to „What is life about – Wor­um geht es wirk­lich in mei­nem Leben?“ Mir ist wich­tig, mit den Kli­en­ten Lösun­gen für ihren Lei­dens­druck zu fin­den und dabei ganz­heit­lich zu arbei­ten. Oft geht es auch um Stra­te­gien im Zusam­men­hang mit An- und Ent­span­nung. Unter­stüt­zend arbei­te ich mit vie­len Kli­en­ten auch an den The­men Ernäh­rung und Acht­sam­keit, um Res­sour­cen wei­ter zu stärken.

Wie lief das so mit der Exis­tenz­grün­dung? Was hat dir gehol­fen und wel­chen Her­aus­for­de­run­gen hast du gegen­über gestanden?

Ehr­lich gesagt hat­te ich gro­ße Angst davor. Ich war als „Beam­ten­kind“ von Haus aus sicher­heits­lie­bend. Zum Glück gab es aber auch Unter­neh­mer in unse­rer Fami­lie. Das hat mir Mut gemacht. Zudem hat das Glück nach­ge­hol­fen: Mein letz­ter Arbeit­ge­ber hat sich grund­le­gend neu auf­ge­stellt und die The­men, die mir am Her­zen lagen, fie­len weg. Daher konn­te ich mich mit ihm dar­auf eini­gen, als freie Mit­ar­bei­te­rin für ihn zu arbei­ten. So hat­te ich durch ein Stück gesi­cher­te Auf­trä­ge das Quänt­chen Mut, das ich brauch­te, um den Schritt in die Selbst­stän­dig­keit zu wagen.

Es hat mir sehr gehol­fen, dass ich durch mei­ne Berufs­er­fah­rung wuss­te, wie Ver­trieb funk­tio­niert. Jedoch stand ich jetzt auch einer neu­en Ziel­grup­pe gegen­über im soge­nann­ten „Busi­ness-to-Cus­to­mer-Geschäft.“ In gewis­ser Wei­se hat mei­ne Stra­te­gie aber nicht funk­tio­niert. Ich war es gewohnt, dass ich ein fer­ti­ges Pro­dukt auf den Markt brin­ge. Auf ein­mal däm­mer­te mir, dass ich zum gro­ßen Teil auch selbst das Pro­dukt war. Gera­de mei­ne per­sön­li­chen Geschich­ten und mei­ne Ver­letz­lich­keit waren jetzt gefragt. Damit hat­te ich nicht gerech­net. Das war eine stei­le Lern­kur­ve. Was gehol­fen hat und wei­ter­hin hilft, ist ein Netz­werk mit Coachs und Bera­tern, die sich selbst­stän­dig gemacht haben.

Fakt ist, dass neben zwei Kin­dern ein eige­nes Unter­neh­men mehr Arbeit ist als eine regu­lä­re Teil­zeit­stel­le. Manch­mal ist das schon sehr kräf­te­zeh­rend. Aber dafür genie­ße ich, dass ich Her­rin über mei­ne Zeit­ein­tei­lung bin. Das ist ein so wert­vol­les Stück Freiheit!

Kannst du heu­te von dei­ner Arbeit als Coach leben? Zu wie viel Pro­zent etwa?

Da ich eine Misch­form gewählt habe zwi­schen Bera­tung, Coa­ching und Work­shops kann ich davon leben, wenn ich beden­ke, dass ich ja in Teil­zeit arbei­te. Ich habe das Glück, nicht allei­ne den Fami­li­en­un­ter­halt zu stemmen.

Alles zusam­men genom­men – wür­dest du den Schritt der Exis­tenz­grün­dung wie­der tun?

Es ist ja noch ganz frisch. Und: Ja, auf jeden Fall! Der Anfang ist nicht ganz ein­fach gewe­sen, da noch so eini­ge hin­der­li­che Glau­bens­sät­ze in mir aktiv waren. Gera­de am Anfang heißt es berei­ni­gen, kri­tisch fra­gen: Was kann ich los­las­sen? Was brau­che ich noch als Res­sour­ce? Das bedeu­tet auch Super­vi­si­on und sich selbst coa­chen zu las­sen. Zu die­sem Zeit­punkt wie­der Geld zu inves­tie­ren ist nicht ein­fach, jedoch not­wen­dig, fin­de ich. Und: Mei­ne Selbst­wirk­sam­keit und Selbst­be­stim­mung kann ich durch die Selbst­stän­dig­keit voll ausleben.

Zum Abschluss: Wel­chen Tipp kannst du ande­ren Men­schen geben, die über eine Selbst­stän­dig­keit als Coach nachdenken?

Ich wür­de prü­fen, ob ich Unter­neh­mer­ei­gen­schaf­ten habe, z. B. durch Selbst­tests oder eine pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung. Ich glau­be, es ist uner­läss­lich, dass ein selbst­stän­di­ger Coach ein Netz­wer­ker ist, der ger­ne mit nicht bekann­ten Per­so­nen ins Gespräch kommt und der sein Netz­werk pro­fes­sio­na­li­siert. Ein Netz­werk ist auch dafür wich­tig, emo­tio­nal auf­ge­fan­gen zu wer­den, wenn es mal nicht klappt. Und das wird es am Anfang immer mal. Oder wenn ich mich nicht moti­vie­ren kann, kei­ne Ideen habe etc.

Pro­fis behaup­ten, man müs­se sich einen Exper­ten­sta­tus auf sei­nem Gebiet erar­bei­ten. Was jedoch wirk­lich mei­ner Mei­nung nach uner­läss­lich ist, ist das eige­ne USP, also das Allein­stel­lungs­merk­mal gegen­über ande­ren. Was macht mich aus und unter­schei­det mich von den ande­ren? Bevor man das nicht hat, wür­de ich auch von einer eige­nen Web­site abraten.

Zu guter Letzt: Sucht euch eine pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung für die ers­te Zeit in einer Grup­pe mit Gleich­ge­sinn­ten. Dort kann es um The­men gehen wie das eige­ne USP, Sicht­bar­keit im Social Media-Bereich, Akqui­se-The­men, Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur etc. Das gibt Moti­va­ti­ons­schub und Sicherheit.

Lie­be Julia, dan­ke dir für das inter­es­san­te Interview!

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Julia Augen­stein bei elterngarten