Liebe Christina, nach deiner Coaching-Ausbildung bei change concepts hast du dich als Coach selbständig gemacht. Wann war das genau und was bietest du genau an? Wer ist deine Zielgruppe? Was macht dich als Coach aus?
Die Coaching-Ausbildung war die Ergänzung zu einer Business-Trainer-Ausbildung, an die ich dann eine Weiterbildung zur Change-Managerin und systemischen Organisationsentwicklerin angehängt habe. Das sind für mich die Bausteine, um größere Gruppen miteinander in Austausch zu bringen, als wäre es ein Einzelcoaching. Für mich entstanden damit wirksame Hebel, die mir helfen, mit kleinen Impulsen Transformationsprozesse in der gesamten Theaterlandschaft in Gang zu bringen. Dort bin ich ausschließlich und hauptberuflich unterwegs, in öffentlich geförderten Kulturbetrieben und freien Gruppen, und es ist eine tägliche Freude, mit diesen impulsiv-fluide schwingenden Kunstschaffenden-Gruppen zu arbeiten.
Wie lief das so mit der Existenzgründung? Was hat dir geholfen und welchen Herausforderungen hast du gegenüber gestanden?
An sich lief die Existenzgründung gut, v. a. da ich mich schnell auf eine sehr enge Zielgruppe fokussiert habe (Künstler*innen in Kulturbetrieben). Hilfreich war ebenfalls meine Erfahrung mit Buchhaltung und betriebswirtschaftlichen Grundlagen, denn viele unterschätzen, dass wir als Selbstständige alle Aspekte eines Unternehmens umsetzen müssen: Rechnungswesen, Controlling, Produktentwicklung, Akquise & Pricing, Marketing, PR, Öffentlichkeitsarbeit, Arbeitsschutz (s. z. B. Arbeitszeiten und Pausen), Investitionsstrategie und Weiterbildung, IT-Kompetenz, etc. Zu Beginn muss man alle Strukturen eigentlich gleichzeitig aufsetzen, was nicht geht und dennoch irgendwie gehen muss. Und so hilft Zähigkeit, Durchhaltevermögen und Abstandnehmen von einem dysfunktionalen Perfektionismus, der zu Beginn nur hindert. Später kann man „putzen“.
Kannst du heute von deiner Arbeit im Coaching leben? Zu wie viel Prozent etwa?
Sehr gut.
Alles zusammen genommen – würdest du den Schritt der Existenzgründung wieder tun?
Immer wieder. Mittlerweile fühle ich mich gar nicht mehr richtig selbstständig, sondern als Teil der Theaterlandschaft durch die intensive Vernetzung. Ich bin ein freischwingender Teil eines Gesamtgebildes, das derzeit gemeinsam an den verschiedenen gesellschaftlichen Transformationsherausforderungen arbeitet.
Deshalb habe ich auch zwei Bücher geschrieben („Erste Hilfe für die Künstlerseele“ (2018), „Dynamic Safe Spaces – der geschützte Raum“ (2023)), die hoffentlich niederschwellige, praktische Ratgeber sind, für alle, die an Kommunikationsstrukturen arbeiten möchten. Vielleicht sind sie auch Bausteine für eine gelingendere Transformation… mindestens jedoch haben sie mir therapeutisch geholfen, mein Gehirn zu sortieren und es von dem Wissen und der Erfahrung zu „befreien“, damit ich nun wieder in neue Zusammenhänge eintauchen und neuen Spuren forschend folgen kann.
Zum Abschluss: Welchen Tipp kannst du anderen Menschen geben, die über eine Selbständigkeit als Coach nachdenken?
Ich würde mich im Kern fragen: Was ist mir wichtiger – Freiheit oder Sicherheit? In welchem Maße? Wie viel Selbstdisziplin habe ich? Wie sehr bin ich innerlich angebunden an eine treibende Idee, die mir in der Freiheit Struktur gibt und intuitive Wege aufzeigt, auch wenn ich gerade panisch auf ein leeres Konto schaue und alle um mich herum sagen, dass ich den größten Fehler meines Lebens mache?