Lieber Günter, nach deiner Coaching-Ausbildung bei change concepts hast du dich als Coach selbständig gemacht. Wann war das genau und was bietest du genau an? Wer ist deine Zielgruppe? Was macht dich als Coach aus?
Naja, genau genommen bin ich schon selbstständig gewesen, als ich die Ausbildung bei change concepts startete. Mein Ziel war vor allem, mit der Ausbildung meine Toolbox zu erweitern. Ich arbeite seit Anfang 2002 freiberuflich. Ich biete vor allem Hilfen bei der beruflichen Orientierung an und gebe über das Coaching hinaus Beratung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen. Zu meiner Zielgruppe gehört das hierarchische Mittelfeld, also Fach- und Führungskräfte, allerdings noch mit einer Nähe zum operativen Bereich. Branchenmäßig liegt mir naturgemäß der geisteswissenschaftliche und kreative Bereich. Nicht zuletzt, weil ich selbst Politologe bin, früher Journalist war und aktuell auch als Autor tätig bin. Ich habe einen Ratgeber zur eigenen Potenzialanalyse geschrieben und arbeite sporadisch als Texter für Satiren. Meine Stärken sind mein Humor und mein Verstand. Ersteres ist gut für die Atmosphäre. Das zweite hilft mir, die Klienten-Anliegen schnell einzuordnen. Ich bin ziemlich fix darin, berufliche Alleinstellungsmerkmale und Talente zu erkennen.
Wie lief das so mit der Existenzgründung? Was hat dir geholfen und welchen Herausforderungen hast du gegenüber gestanden?
Die größte Triebfeder und wahrscheinlich auch Hilfe war meine Lust darauf, mein eigenes Ding zu machen und all die verschiedene Tätigkeiten, die mir Spaß machen, frei und unabhängig von irgendeinem Vorgesetzten zu kombinieren. Ich plante ursprünglich eine Mischexistenz aus Journalismus und Workshops. Nach wenigen Wochen schon haben Workshops den Schwerpunkt gebildet. Mich hat das Thema Arbeitsmarkt, Berufsorientierung und Bewerbung schnell angesprochen, dass ich mich mehr und mehr nur noch darauf konzentriert habe. Und wenn man von etwas begeistert ist, erarbeitet man sich das auch leicht.
Herausforderungen sind am Anfang vor allem der Aufbau von Kunden. Ich bin nicht gerade vertriebsstark. Aber da muss man durch. Mir hilft, dass ich mir immer klar mache, was ich kann und worin ich gut. Dann rede ich mir ein, dass das gerade kein Verkaufsgespräch ist, sondern nur eine Präsentation. Reframing in eigener Sache sozusagen.
Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit Geld. Ein festes Einkommen ist im Selbstständigkeit nie garantiert. Man muss mit Auf- und Abschwüngen leben und auch mal gnadenlos überzogene Konten aushalten können. Aber diese Krisen sind auch sehr schön. Gerade da erfindet man sich immer wieder neu, überarbeitet die Selbstdarstellung – und dann kommen wieder neue Aufträge.
Kannst du heute von deiner Arbeit im Coaching leben? Zu wie viel Prozent etwa?
Ja, ich bin allerdings nicht gut mit Zahlen. Ich vermute aber deutlich über 90 Prozent. Der Rest sind Texthonorare. Wie gesagt, ich bin 100 Prozent Freiberufler. Denn auch die Erlöse aus Publikationen basieren auf Honorarverträgen.
Alles zusammen genommen – würdest du den Schritt der Existenzgründung wieder tun?
Ja.
Zum Abschluss: Welchen Tipp kannst du anderen Menschen geben, die über eine Selbständigkeit als Coach nachdenken?
Ein gut gefülltes Rücklagenkonto bereithalten, einen Plan B im Hinterkopf haben und eine optimistische Fehlerkultur entwickeln. D. h. aus Fehlern lernen, aber immer an sich glauben.