Micha, nach deiner Coach-Ausbildung bei change concepts hast du dich als Coach selbstständig gemacht. Wann war das genau und was bietest du genau an? Wer ist deine Zielgruppe? Was macht dich als Coach aus?
Die Idee zur Selbstständigkeit ist tatsächlich in meiner 10-monatigen Elternzeit gereift und zur Ernte gekommen. Das war – nach vielen Jahren des Coachings aus dem Angestelltenverhältnis heraus – im Mai 2015. Am liebsten habe ich angehende und langjährige Führungskräfte, aber auch „normale“ Mitarbeiter vor mir sitzen, die Spaß daran haben, sich zu entwickeln, zu wachsen und noch etwas auszuprobieren. Also all jene, die etwas verändern wollen – an sich und an der Welt generell.
Als Coach macht mich sicherlich aus, dass ich mit einer gehörigen Portion Humor auch an schwierigste Themen gehe, was dem Prozess des Coachings eine seriöse Leichtigkeit verschafft. Kann nie schaden, sich selbst nicht so ernst zu nehmen, auch wenn natürlich Respekt und Wertschätzung immer auf Platz eins steht. Humor schafft eine fruchtbare Atmosphäre und die oft daraus entstehenden positiven Emotionen weiten den Blick, verhelfen zu häufig sehr kreativen Lösungen des Coachees, schaffen Vertrauen und Offenheit und lassen die Vorfreude auf das Coaching wachsen.
Weiterhin bin ich als Diplom-Psychologe mit einer fundierten psychologischen Ausbildung beschenkt, die sich mit einer langjährigen selbstständigen Weiterbildung im Bereich der Positiven Psychologie abrundet. Das ist – kurz gesagt – die Wissenschaft vom Wohlbefinden, also die Frage nach dem, was das Leben lebenswert macht. Und das ist für mich fast schon ironisch, denn eigentlich kommt ja jeder Mensch in ein Coaching und möchte glücklicher werden. Das heißt dann zwar oft „konfliktstärker werden,“ „besser führen“ oder „mehr Spaß bei der Arbeit haben,“ aber am Ende führen alle diesen Themen zu einem glücklicheren Dasein.
Ein weiterer Punkt, der mich ausmacht, ist meine Bescheidenheit. Deshalb höre ich jetzt auch auf, von meinen unzähligen Talenten und Fähigkeiten zu schwärmen!
Wie lief das so mit der Existenzgründung? Was hat dir geholfen und welchen Herausforderungen hast du gegenüber gestanden?
Die Gründung lief eigentlich fließend. Gelegentliche Aufträge während der Elternzeit, das Kontaktherstellen zu ehemaligen Kollegen, zu Bekannten und Freunden und der Aufbau meiner Webpräsenz waren sicherlich helfende Schritte. Aber auch mein schon vorher jahrelang gewachsener Blog über Positive Psychologie und (Selbst-)Coaching hat bestimmt dazu beigetragen, dass sich jetzige Kunden schon ein gutes Bild von mir machen konnten, hilfreiche Tipps auch ohne einen Euro bekommen konnten und wussten, ob ich zu ihnen passen würde oder nicht.
Herausforderungen waren auf der anderen Seite die Angst vor der eigenen Courage, die Ungewissheit bezüglich der Zukunft als Freiberufler und auch die ständige Annahme, noch nicht genug zu wissen, noch nicht professionell genug aufgestellt zu sein und mindestens noch eine Weiterbildung besuchen zu müssen, damit ich mich auf den freien und hart umkämpften Markt werfen kann.
Aber nachdem du dem dritten Coachee mit den selben Themen ein paar schlaue Ideen und Lösungen entlockt hast und selbst auch noch welche beigesteuert hast (ja ich weiß, böser Coach, Rat-Schläge und so) – also spätestens nach dem dritten Coaching über solche Themen war ich dann auch soweit, um mir mal zu vertrauen und das gar nicht so wahnsinnig große Risiko einzugehen.
Kannst du heute von deiner Arbeit im Coaching leben? Zu wie viel Prozent etwa?
Gute Frage. Ich glaube, da geht noch viel mehr, was die Anzahl der Coachings betrifft. Ich würde sagen, Coaching ist momentan noch ein kleiner Teil des Portfolios. Mit Sicherheit auch, weil momentan kaum Akquise in diesen Bereich fließt. Der Löwenanteil meines Verdienstes kommt aus Vorträgen und Trainings über und zur Positiven Psychologie. Coachees melden sich häufig eigeninitiativ nach Trainings oder weil sie aktuelle Kunden von mir kennen und ich weiterempfohlen wurde. Das ist natürlich die schönste Art von Akquise! Aber das würde bei mir momentan noch nicht ganz ausreichen, um von Coaching alleine zu leben. Ich bin mir aber auch gar nicht sicher, ob ich das wirklich auf ein Gebiet beschränken wollen würde. Dafür gibt es einfach zu viele interessante Themen!
Alles zusammen genommen – würdest du den Schritt der Existenzgründung wieder tun?
Auf jeden Fall! Ich weiß nicht, ob ich einfach Glück hatte, aber für mich ist die Freiheit, keiner Agenda folgen zu müssen und meinen Interessen und eigenen Stärken nachzugehen, ein großer Luxus, der auch die eine oder andere Unsicherheit bei weitem aufwiegt und unwichtig macht. Ich würd’s auf jeden Fall wieder machen!
Zum Abschluss: Welchen Tipp kannst du anderen Menschen geben, die über eine Selbstständigkeit als Coach nachdenken?
Frag dich, ob du leidenschaftliches Interesse daran hast, dich und andere weiterzuentwickeln, beim Wachsen zu helfen und zuzuschauen. Wenn das mit einem Ja beantwortet werden kann, geht so viel, über das man sich vorher so lange den Kopf zerbrochen hat, viel einfacher. Ach ja – und setz deine Stärken ein – das macht nicht nur viel mehr Spaß als das Ausbügeln von Schwächen, sondern macht auch noch glücklich …
Lieber Micha, ich danke dir für das Gespräch!