Die beiden letzten Beiträge widmeten sich der Thematik „Trends im Business-Coaching.“ Heute soll es nun um die sich abzeichnenden Entwicklungen im Privat-Segment gehen.
Stark wachsen dürften hier auf Jahre hinaus die „Bindestrich-Coachings“ aller Art. Ich gehe sogar so weit zusagen: Hier liegt meiner persönlichen Auffassung nach eindeutig das größere Wachstumspotenzial für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.
In diesem Segment wird man in den meisten Fällen nicht reich werden, aber wer sich klar und spitz positioniert, gute Arbeit macht und Experte für sein Thema ist, hat gute Chancen, sich mindestens regional einen Namen zu machen und sich ein ausreichendes Einkommen sichern zu können. Voraussetzung ist dabei wie überall, dass man nicht zu Dumping-Preisen arbeitet. Aber diese Angebote gehen auch heute schon immer mehr zurück, denn die Bereitschaft der Menschen, für ihr Wohlbefinden auch Geld auszugeben, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Vermutlich hat sich auch herum gesprochen, dass Qualität auch im Coaching ihren Preis hat. Auf der anderen Seite hat man im Privatcoaching-Bereich meist auch geringere Ausgaben als im Business-Bereich weil z. B. ein repräsentatives, teures Auto, hohe Reisekosten, repräsentative Räume in bester Geschäftslage, ein ständig besetztes Sekretariat sowie komplizierte Abstimmungsprozesse im Vorfeld und umfangreiche Dokumentation im Nachgang nicht notwendig sind. Damit soll nicht „Coaching am Küchentisch“ als Zukunftsmodell postuliert werden. Jedoch wird eine einfache, aber zweckmäßige Praxis mit 1 oder 2 Räumen und WC/kleiner Teeküche in angenehmer Atmosphäre sicherlich in den meisten Fällen im Privat-Segment völlig ausreichen.
Auch im Bereich des Privat-Coachings wird – schon allein wegen der zu erwartenden und z.T. schon vorhandenen Vielzahl der Anbieter – die Spezialisierung auf ein Thema oder eine Zielgruppe der Schlüssel zum Erfolg sein. Hier besteht die Möglichkeit, sich an gesellschaftlichen Trends zu orientieren:
- Trend „Silver Ager“: Hier geht es um Menschen in den späten 50ern, den 60ern oder gar 70ern, körperlich und geistig topfit, die sich nicht zur Ruhe setzen, sondern etwas bewirken oder erleben wollen, vielleicht sogar noch einmal einen kompletten Neuanfang wagen: sei es in einem neuen Job oder einem Ehrenamt, einer neuen Beziehung, an einem neuen Ort oder gar in einem neuen Land. Coaching, das sich speziell an den Bedürfnissen dieser Zielgruppe orientiert und die daraus resultierenden Fragestellungen adressiert, wird in Zukunft sicher einen Markt finden.
- Trend „Individualisierung“: aus den bestehenden Rollenmustern und Erwartungen in Beruf und Gesellschaft auszubrechen, den eigenen Weg zu finden und zu gehen, die eigene Lebensform ableiten bis hin zum zeitweiligen oder dauerhaften „Komplett-Ausstieg“ ist ein Thema, das immer aktueller werden wird und wo Orientierungshilfen gebraucht werden könnten. Die aktuelle „Generation Y“ ist hier wohl nur die Speerspitze eines breiten gesellschaftlichen Bedürfnisses.
- Trend „Gesundheit“: Themen wie „Wellness“, Prävention, Bewusstheit, Eigenverantwortung, also auch „Mindness“ und „Selfness“ boomen vermutlich noch auf Jahre hinaus, so dass auch hier Coachs ein reiches Betätigungsfeld finden können, vor allem in Verbindung mit Qualifikationen aus dem medizinischen, sportlichen, Ernährungs- oder Entspannungsbereich.
- Trend „Neue Geschlechterrollen und neue Formen des Zusammenlebens“: Durch die individueller werdenden Lebensentwürfe auch in diesem Bereich tun sich neue Schwierigkeiten auf. Es braucht neue Rollenmodelle, neue Vorbilder und Orientierungsrahmen. Hier können Coachs mit entsprechender Fachkenntnis und biografischer Nähe wertvolle Dienste anbieten.
- Trend „Digitalisierung“: In einer immer stärker digitalisierten Welt wird auch digitalisiertes Coaching via Internetbasierter Plattform, Chat, Soziale Netzwerke (Facebook, Youtube, Twitter) oder durch Coaching-Apps ohne Zweifel wichtiger werden, aber auch der Gegentrend wird kommen: physische Nähe im direkten Face-to-Face-Gespräch als Mehrwert für sozial Vereinsamte.
- Trend „Wandel der Arbeitswelt“: Themen wie Work-Life-Balance, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (zunehmend nicht nur bei Frauen!), selbstbestimmte Arbeitsformen (Home-Office, mobile Computerarbeit), neue Formen von freier Mitarbeit und kreative Existenzgründungen lassen Coaching-Bedarf entstehen. Aber auch die weitere Zunahme der Zahl psychischer Erkrankungen durch ständige Erreichbarkeit, Überforderung und Überlastung wird Coachs immer häufiger betreffen, so dass eine fundierte Fachkenntnis in diesem Bereich unabdingbar sein wird und so manch ein Coach den Weg zum Heilpraktiker für Psychotherapie gehen wird.
Der nächste und zugleich letzte Teil der Reihe wird sich des Themas „Schlussfolgerungen für uns Coachs“ annehmen, d.h. ich werde versuchen, einige Empfehlungen auszusprechen, die bei einer Existenzgründung oder dem Weiterbetrieb eines Coaching-Unternehmens in die Überlegungen einbezogen werden sollten.